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Arno Geiger: Alles über Sally

Rezension von Günter Kaindlstorfer

Arno Geiger weiß, was Frauen wünschen. Seinen neuen Roman scheint der 41jährige Literatur-Charmeur aus Vorarlberg punktgenau auf die Bedürfnisse einer reiferen weiblichen Leserschaft hingeschrieben zu haben. Er habe in jüngster Zeit viele faszinierende Vertreterinnen der 50-plus-Generation kennengelernt, erzählt Arno Geiger: gebildete, selbstbewußte, auch erotisch interessante Frauen zwischen fünfzig und sechzig – Frauen wie die Wiener Gymnasiallehrerin Sally, die wir in Geigers neuem Roman kennenlernen. Der in Bregenz geborene Bestseller-Autor macht kein Hehl daraus: Sein Roman soll auch ein Generationenporträt der Fifty-Somethings von heute sein.
Es sei ja historisch neu, erklärt der Autor, daß Frauen von Anfang fünfzig noch "so viele Wahlmöglichkeiten" hätten wie heute.

Am Beginn des Romans begegnen wir der Gymnasiallehrerin Sally während ihres Sommerurlaub in Yorkshire. Gatte Alfred, ein um fünf Jahre älterer Museumskurator, würde sich am liebsten gar nicht rausbewegen aus dem Hotelzimmer. Sally indes möchte spazierengehen. Doch leider: Alfred hat keine Lust: die Krampfadern martern ihn. Hingebungsvoll beschäftigt er sich mit dem Kompressionsstrumpf an seinem rechten Unterschenkel. Es hilft nichts: Sally muß den Ausflug allein in Angriff nehmen.

Schon in dieser Eingangs-Szene wird deutlich: Eine Prise Pfeffer würde Sallys Liebesleben bereichern. Während sie an der Seite des Gatten mäßig aufregende Urlaubstage in England verbringt, verwüsten Einbrecher das Eigenheim des Ehepaars in Wien – ein Ereignis, das Sally nach der überstürzten Rückkehr in die Heimat einigermaßen aus der Bahn wirft und sie anfällig macht für den virilen Charme von Erik, Alfreds bestem Freund...

In „Alles über Sally“ geht’s um Liebesverrat und die schwierige Frage, was Paare, erfahrene Paare, letztlich zusammenhält. Was passiert, wenn eine Frau von Anfang fünfzig sich einen Liebhaber zulegt? Wie reagiert die Mitwelt? Merkt der Gatte etwas? Wie verhalten sich die Kinder? Und tut der Frau der außereheliche Liebestaumel überhaupt gut? Das sind einige Fragen, die Arno Geiger aufwirft in seinem Roman.

Es ist eine ganz und gar alltägliche Geschichte, die der österreichische Autor da erzählt – ein Sujet wie aus dem Fernseh-Vorabend-Programm. Es habe ihn einfach gereizt, erklärt Geiger, aus einem relativ unspektakulären Plot eine möglichst aufregende Geschichte zu machen: „Ich vertraue darauf, daß der Alltag der Menschen so unglaublich spannend ist, daß ich keine großen Effekte brauche. Ich möchte den Leserinnen und Lesern ihren eigenen Alltag als etwas Spannendes vorführen.“

Arno Geiger, 1968 in Bregenz geboren, hat lange gebraucht, bis er sich als Erfolgsautor etablieren konnte. Obwohl bereits seine ersten Romane im Münchner Hanser-Verlag erschienen, blieben sie doch hauptsächlich einem Kreis eingeweihter Liebhabern zugänglich. Mit alemannischer Zähigkeit hat Arno Geiger sich durchgebissen, bis ihm 2005 mit „Es geht uns gut“ künstlerisch und kommerziell der Durchbruch gelang.

Wohltuend langsam, manchmal zu langsam, erzählt der Autor in seinem neuen Roman die Geschichte eines Liebesverrats. Letztlich freilich - nach allerlei Irrungen und amourösen Wirrungen - endet „Alles über Sally“ als Lobgesang auf die Ehe. Man darf Geigers Roman durchaus als Plädoyer für die gute, alte Zweierbeziehung verstehen. Darin werden sich zahlreiche Leserinnen und Leser wiedererkennen. Nicht zuletzt deshalb dürfte der Roman die in ihn gesetzten Bestseller-Erwartungen erfüllen.











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